Georges Tempier

(1921-2005)

Georges Tempier (rechts) mit seinem Bruder Jean, ca. 1940
Georges Tempier (rechts) mit seinem Bruder Jean, ca. 1940 ©Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen

Georges Tempier wurde am 3. Februar 1921 in Caudebec-lès-Elbeuf in der Normandie geboren. Er arbeitete als Elektriker bei der Stadtverwaltung und engagierte sich im Widerstand gegen die deutschen Besatzer. Die Gestapo verhaftete ihn im September 1942 wegen der Unterstützung britischer Soldaten, wegen Waffenbesitzes und der Herstellung von Flugblättern. Im Januar 1943 zunächst in das KZ Sachsenhauen deportiert, kam er von dort im Juli 1944 in das KZ Dachau. Einen Monat später brachte die SS ihn nach Buchenwald. Er durchlief die Außenlager Schönebeck und Aschersleben. Am 8. Mai 1945 wurde er im tschechoslowakischen Kaplice befreit und zwölf Tage später nach Frankreich repatriiert. Dort nahm er seinen alten Beruf wieder auf und engagierte sich als Gewerkschaftler und in Verfolgtenverbänden. Georges Tempier starb 2005 mit 84 Jahren in Saint-Aubin-lès-Elbeuf.





„Dieses Lager befand sich auf dem Gelände einer Fabrik. Die Werkhalle war in einem Abstand von etwa fünfzehn Metern mit einem elektrischen Stacheldraht und einem ziemlich dichten Netz von Spanischen Reitern umgeben.“

Aus den Erinnerungen von Georges Tempier

Das Leben im Lager
„Aschersleben, eine Stadt mit etwa 30.000 Einwohnern, liegt an der Straße von Magdeburg nach Erfurt und südlich der Kommandos [Anm.: Außenlager] Schönebeck und Halberstadt. […] Nach einem Aufenthalt vom 24. Juli bis zum 11. August 1944 in Schönebeck, wo wir andere Kameraden trafen, die ebenfalls aus Sachsenhausen kamen und nach Halberstadt weitergeleitet wurden, [kamen wir in Aschersleben an]. Dieses Lager befand sich auf dem Gelände einer Fabrik. Die Werkhalle war in einem Abstand von etwa fünfzehn Metern mit einem elektrischen Stacheldraht und einem ziemlich dichten Netz von Spanischen Reitern umgeben.

Der Speisesaal, die Toiletten und Duschen waren im Erdgeschoss in ehemaligen Lagerräumen untergebracht. Die Krankenstation und die Schlafräume befanden sich im ersten Stock, alles grenzte an die Werkhalle, und wir lebten 24 Stunden am Tag im Lärm der Niethämmer. Im Winter 44/45 sollten wir in diesem Schlafsaal unter der Kälte leiden. Die von den Bombenangriffen zerbrochenen Fensterscheiben waren durch wenig kältefeste Pappe ersetzt worden. Eine Decke pro Bett und wenig Heizung.

Da das Kommando gerade erst gegründet worden war, erschienen uns die Rationen prächtig (alles ist relativ): 1/6 Laib Brot, 1 Liter ziemlich kräftige Suppe, die Anteile an Margarine und Wurst waren dieselben wie in Sachsenhausen. Als dann Verstärkung aus Buchenwald kam, wurden die Rationen immer kleiner. Die Hygienerituale waren die gleichen wie in den [anderen] Lagern. Läusekontrolle, Rasieren zweimal die Woche. Kein Wechseln der Wäsche. Kurzes Abwaschen vor Arbeitsbeginn mit kaltem Wasser.“

Zwangsarbeit
„Die Arbeit wurde in zwei Schichten aufgeteilt, die jeweils 12 Stunden arbeiteten. Ich glaube, wir waren über 400 Häftlinge aller Nationalitäten. Die Zivilisten waren vor uns gewarnt worden. Die Meister und Vorarbeiter, viele Nazis, die sich versteckt hielten, um nicht in den Krieg ziehen zu müssen, waren ebenso dumm wie ineffektiv. Wir brauchten mehrere Wochen Geduld und Mühe, um ihnen (einer kleinen Minderheit) klarzumachen, dass wir keine Verbrecher, sondern Patrioten waren, die für die Freiheit ihres Landes gekämpft hatten.

Wir stellten die Junkers 188 her, einen Mittelstreckenbomber. Ich stand am Anfang der Fertigungslinie, zusammen mit meinem Kameraden Jules Michel, der wie ich aus Sachsenhausen kam. Wir bauten den oberen Teil des Bombers zusammen, der sechs Meter lang war. Wir passten die Duralbleche an die Längsträger an, die den Rumpf bildeten. Wir hatten eine Stunde Zeit, um ein Flugwerk fertig zu haben. […]

Ende März, Anfang April kam die Produktion aufgrund von Rohstoffmangel zum Erliegen. Die SS beschäftigte uns mit verschiedenen Arbeiten; wegen der Luftangriffe schliefen wir nachts in Stollen, die einige hundert Meter von der Fabrik entfernt in den Hügel gegraben worden waren. Die Stollen waren so groß, dass man meinen konnte, sie seien der Beginn einer zukünftigen unterirdischen Fabrik.“

Aus: Unveröffentlichter Erinnerungsbericht von Georges Tempier, 1997 (Association Française Buchenwald, Dora et kommandos) (Übersetzung aus dem Französischen)