
©Familie Pernot
René Pernot stammte aus Cormatin in Frankreich, wo er am 22. Januar 1928 geboren wurde. Sein Vater, der eine Autowerkstatt besaß, war in der Résistance aktiv. Seine Gruppe wurde verraten. Da die Gestapo ihn nicht fassen konnte, verhaftete sie stattdessen im November 1943 seinen Sohn und deportierte den gerade 16-jährigen René Pernot im Januar 1944 nach Buchenwald. Er musste in der Rüstungsfabrik neben dem Lager arbeiten und kam im September 1944 nach Bochum. Nach einem Todesmarsch im KZ Dachau befreit, kehrte er in seine Heimat zurück. Er starb 2022 im Alter von 94 Jahren in Chalon-sur-Saône.
Aus den Erinnerungen von René Pernot
Von Buchenwald nach Bochum
„Während eines Appels bildete die SS Gruppen von Häftlingen, um sie in Arbeitskommandos einzuteilen. Manche Kommandos, sagte man, hätten einen schlechten Ruf ... Wir hatten keine Wahl! So fand ich mich in einer Stadt der Ruhr wieder, in Bochum, in Baracken, die in der Nähe einer Fabrik standen. Ich habe nicht erfahren, ob der Transport seine ganze menschliche Fracht an diesem Ort abgeladen hat. Wir waren wenige! […]
Das Leben in diesem Kommando war anders als das, was ich in Buchenwald erlebt hatte. Nun war ich unter Franzosen, könnt ihr euch vorstellen, wie mir zumute war! Es gab eine unglaubliche Kameradschaft, die ich nie vergessen habe.
Wie habe ich dort gelebt? Das kann ich nicht beschreiben, allein die Erinnerung an diesen unvergesslichen Kameradschaftsgeist ist mir geblieben. Alle Insassen unserer Baracke waren in derselben Schicht, die aber in einer riesigen Fabrik verteilt wurde. Zuerst habe ich in der Montage gearbeitet und mit einem elektrischen Schweißgerät funkensprühend riesige Panzerplatten am Rahmen von Panzern befestigt. Später wurde ich an einen riesigen Tisch gestellt, wo ich die Platten anhand von Schablonen ausschneiden sollte. Ich musste aufpassen, dass ich mit dem Schneidbrenner akkurate Schnitte machte. Im Werk befanden sich auch Russen und französische Arbeiter in Zivilkleidung. Waren Letztere Zwangsarbeiter? Jegliches Gespräch war verboten, für sie wie für uns.“
Im Krankenrevier
„Eines Abends hat ein Bursche aus der Nachtschicht, der beim Ausschneiden unserer Teile tätig war, seine Arbeit nicht zu Ende gebracht. Auf Befehl des Aufsehers musste ich mit dem Ausschneiden weitermachen, aber in der entgegengesetzten Richtung. Die Platte, nachdem sie zersprang, stürzte auf meinen rechten Fuß und mein Knie. Frankinet neben mir wurde nur leicht verletzt. Mich hat es schwerer getroffen, die Wunde war zwar nicht sehr groß, aber mein Bein schwoll an, vor allem am Knie. Es tat so weh, dass ich mich ins Revier begeben musste. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, und mir wurde sofort klar, dass ich, wenn ich überleben wollte, so schnell wie möglich wieder laufen musste. Da das Revier nur Häftlingen in einem sehr schlechten Zustand vorbehalten war, durften meine Kameraden mich nicht besuchen. Da hat mich die Angst gepackt und hat mich in eine tiefe Verzweiflung gestürzt; ich habe an meine Eltern gedacht, an meine Freunde, an mein Dorf ... Ein Bild wollte mir nicht aus dem Kopf gehen: das von Leichenkarren auf dem Weg zum Krematorium.
Schließlich bin ich aus dem Nebel herausgekommen. Meine Wunde war nicht so schlimm und blutete kaum mehr, allerdings pochte mein Bein. Ein Häftling, der im Revier tätig war, gab mir ein nasses Tuch, damit ich es mir um das Knie wickeln konnte. Der Arzt, ebenfalls ein Häftling, machte jeden Tag seine Visite in Begleitung eines SS-Mannes, der die Kranken zählte und kontrollierte, ob es welche gab, die bevorzugt wurden. Er musste auch kontrollieren, ob es womöglich Simulanten gab, die versuchten, die Kriegsmaschinerie zu verlangsamen. Ein solches Verhalten wurde mit Widerstand gleichgesetzt! Da ich mein Bein nicht benutzen konnte, hat der Krankenpflegerkamerad das Stück Tuch regelmäßig mit lauwarmem Wasser getränkt ... So bildete sich allmählich ein Abzess in der Kniekehle. Er hat ihn aufgestochen und ein halber Becher gelb-rote Flüssigkeit floss heraus. Meine Verzweiflung ließ nach und verschwand schließlich. Ich würde wieder laufen können. […]“
Hoffnung
„Geheilt bin ich voll Freude zu meinen Kameraden zurückgekehrt. Das Einzige, was zählte, war das Zusammenbleiben. Im Bochumer Kommando war es anders als in Buchenwald, man bekam hier weder Briefe noch Pakete. Wir waren von der Außenwelt abgeschnitten! Einige Nachrichten sickerten aber dennoch zu uns durch. Wie? Ein Rätsel! Der Krieg würde bald zu Ende gehen, Deutschland würde besiegt sein. Dann würden unsere Peiniger bestraft werden. Aber bis dahin? Kein Häftling mochte sich ausmalen, was ihm bis zur Befreiung der Lager noch alles geschehen könnte.“
Aus: René Pernot, C’était pendant l’horreur d’une profonde nuit. De Montluc à Dachau. Novembre 1943-Avril 1945, Lyon 2016. (Übersetzung aus dem Französischen)