Jacques Vigny

(1921-2017)

Jacques Vigny, vermutlich 1943
Jacques Vigny, vermutlich 1943 ©Amicale des Déportés à Neu-Stassfurt

Jacques Vigny wurde am 6. September 1921 in Vic-sur-Aisne geboren. Um dem Service du Travail Obligatoire, dem Arbeitsdienst in Deutschland, zu entgehen, absolvierte er 1943 die Prüfung zum Polizisten. Kurz darauf schloss er sich der Résistance an. Im Juli 1944 verhaftet und Mitte August mit dem letzten Häftlingstransport aus dem Lager Compiègne bei Paris nach Buchenwald deportiert, kam er in das Außenlager Staßfurt. Im Lager führte er im Geheimen ein Tagebuch. Er floh vom Todesmarsch und kehrte bereits am 7. Mai 1945 nach Frankreich zurück. Als Zeitzeuge setzte er sich später aktiv für das Gedenken ein und trat in Schulen auf. Jacques Vigny starb 2017 in Vic-sur-Aisne.

Biografie

Jacques Vigny wurde am 6. September 1921 in Vic-sur-Aisne geboren. Um dem Service du Travail Obligatoire, dem Arbeitsdienst in Deutschland, zu entgehen, absolvierte er 1943 die Prüfung zum Polizisten. Kurz darauf schloss er sich der Résistance an. Im Juli 1944 verhaftet und Mitte August mit dem letzten Häftlingstransport aus dem Lager Compiègne bei Paris nach Buchenwald deportiert, kam er in das Außenlager Staßfurt. Im Lager führte er im Geheimen ein Tagebuch. Er floh vom Todesmarsch und kehrte bereits am 7. Mai 1945 nach Frankreich zurück. Als Zeitzeuge setzte er sich später aktiv für das Gedenken ein und trat in Schulen auf. Jacques Vigny starb 2017 in Vic-sur-Aisne.

Aus dem Tagebuch von Jacques Vigny

Das Lager
„14. September: Ankunft im Kommando Neu-Stassfurt – 34 km von Magdeburg entfernt – in einem brandneuen Lager. Wir bekommen eine Decke und schlafen in einer mit Stroh ausgelegten Einzelpritsche. Werden wir uns ein wenig Ruhe gönnen können?“

Zwangsarbeit
„15. September: Erster Abstieg in die Mine. Wir steigen auf 460 m im Salzbergwerk hinab. Wir befreien Stollen und Räume, die mit Salz verstopft sind. [Wir] erfahren von einer neuen Bombardierung aus Buchenwald. […]

3. November: Ich bin für ein oberirdisches Kommando bestimmt und verlasse das Grubenkommando. Wir müssen in der Nähe unseres Lagers ein zweites Lager für Häftlinge unserer Art errichten.

20. November: Da ich das Wasser und die erste Kälte fürchte, tausche ich mit einem Bergarbeiter und gehe wieder hinunter in das Salzbergwerk.“

Krankheiten
„24. November: Ich falle bei der Arbeit um, weil mir das Herz und die Kraft fehlen. Levasseur [Anm: ein Mithäftling] bringt mich zurück ins Lager.

25. November: Der Arzt stellt fest, dass ich mit 38 Grad Fieber krank bin (unter dem Arm) und gibt mir einen Tag frei, den ich im Bett verbringe.

26. November: Ich nehme die Arbeit wieder auf, immer noch mit 38 Grad, aber ich kehre zu meinem alten oberirdischen Kommando zurück, weil ich weiß, dass ich Luft brauche, da die Luft in dem Bergwerk nicht atembar ist.

7. Dezember: Ein Dutzend kranke und verletzte Invaliden werden nach Buchenwald zurückgeschickt und fahren auf einem Anhänger ab, der an einen Traktor angehängt ist.

Seit dem 1. Oktober habe ich es vergessen, die Daten der Toten zu erfassen, aber 7 Kameraden sind gestorben, darunter M. Poulain Lucien – Landwirt in Crisolles (Oise), was insgesamt 8 Tote am 7.12.44 ergibt.“

Weihnachten
„25. Dezember: – Weihnachten – Ruhiger Tag der Erholung für alle. Wir erhalten einige Versorgungsergänzungen und bekommen Tabak, aber mir wird er gestrichen, weil der Blockführer mich dabei erwischt hat, wie ich eine Rote Bete im Ofen kochte. Ich verbringe den Tag im Revier, um zu putzen und ein wenig Holz zu sägen, und der Tag kommt mir weniger lang vor, denn für alle ist es ein Tag in der Nähe der eigenen Leute. Den ganzen Tag über wurde die Wasserversorgung aufrechterhalten.“

Kontakte zu französischen Kriegsgefangenen
„29. Dezember: Das Kommando wird für den Wasserdienst bestimmt. Während dieser Schicht in einem nahegelegenen Bergwerk treffe ich einen Kriegsgefangenen aus Soissons, Chatelain, ehemaliger Angestellter bei Baudoux. Er nimmt meine Adresse für alle Zwecke auf.

30. Dezember: Tod von Cassef [Anm: Mohamed Kaci], Algerier. Wir gehen zurück zum Wasserholen am Schacht V. Ich sehe Chatelain wieder. Mehrere seiner Kameraden schieben uns Tabak, Seife, Brot oder Kekse zu, aber sie sind nicht viel besser genährt als wir.“

Gewalt
„15. Januar: Es friert ziemlich stark, der Wind S/W [Südwest] ist hart. Heute Morgen wurden zwei Diebe in der Küche entdeckt, die 10 ihrer Kameraden denunziert haben. […] da es eine Untersuchung gab, sind alle zur Arbeit gegangen, ohne zu essen. Wir bekamen unseren Mittagsimbiss. Die Diebe und Hehler haben am Abend kein Abendessen bekommen […].

16. Januar: Einer der Diebe namens Gaby [Anm: Gabriel Beringuel], der Algerier, ist an den Folgen der Schläge gestorben, die anderen scheinen sich zu halten, nur Marchal, der Lehrer des Gymnasiums in Le Mans, dessen Adresse ich habe und der nur geringfügig schuldig ist, ist im Revier geblieben und ist schwer getroffen.“

Die Toten
„10. März: Heute herrscht ein schrecklicher Sturm. Wir müssen den Tag um 14 Uhr beenden. Aber um 14:30 Uhr werden 4 Freiwillige gesucht, um ein Massengrab vorzubereiten, um 9 unserer Kameraden zu begraben. Da wir keine Transportmöglichkeiten zum Krematorium in Magdeburg mehr haben, müssen wir die Toten nun in der Nähe des Lagers begraben. Ich gehe mit Lapole und zwei anderen Kameraden los, um die Gräber anzulegen. Es ist schade, dass nicht wir sie begraben, denn wir hätten den Platz unseres Kollegen Verpillat ausfindig machen können.“

Das Ende
„11. März: Heute Morgen ist es windstill, wir verlegen seit drei Tagen Platten, ich bin müde und spüre, wie meine Kräfte von Tag zu Tag schwinden, ich kann es kaum erwarten, bis alles vorbei ist. Der Tag geht ruhig zu Ende.

15. März: Ich habe keine Kraft mehr und gebe mein Tagebuch auf.

11. April: Evakuierung.

18. April: Flucht

23. April: Erkannt von PGF [französischen Kriegsgefangenen].

24. April: Von amerikanischem Major erkannt

25. April: Krankenhausaufenthalt in Leipzig (deutsches Krankenhaus)

1. Mai: Krankenhausaufenthalt in Halle

2. Mai: Abfahrt nach Dora

4. Mai: Abfahrt nach Nordhausen

6. Mai: Abfahrt nach Frankreich (Mourmelon)“

Aus: Tagebuch von Jacques Vigny, 1944/45. (Amicale des Déportés à Neu-Stassfurt) (Übersetzung aus dem Französischen)