Martin Bertram

(1896-1988)

Martin Bertram, 1920er-Jahre
Martin Bertram, 1920er-Jahre ©Jehovas Zeugen, Archiv Zentraleuropa

Martin Bertram wurde am 13. April 1896 in Oberrad (heute ein Stadtteil von Frankfurt am Main) geboren. Im Alter von 29 Jahren bekannte sich der Bäckermeister zur Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas. Wegen seines Glaubens und weil er jüdische Kunden bediente, verfolgten ihn die Nationalsozialisten und zwangen ihn, seine Bäckerei in Frankfurt aufzugeben. Ende September 1936 wurde er verhaftet. Nach Monaten im Gefängnis kam er über das Konzentrationslager Lichtenburg Ende Juli 1937 nach Buchenwald. Dort musste er u.a. in der Häftlingsküche arbeiten. Er gehörte zu den acht Männern, die die SS im Februar 1945 nach Apolda brachte. Nach der Befreiung kehrte er nach Frankfurt zurück, wo er wieder in den Besitz der Bäckerei gelangte. Er starb am 20. November 1988.





„Ich erhielt den Auftrag, mir ca. 8 Bibelforscher, Bäcker oder Bäckermeister, zu suchen, aber nur Brüder, keine anderen Häftlinge, um in Apolda Brot zu backen.“

Aus den Erinnerungen von Martin Bertram

„Im Januar 1945 wurde es mit der Verpflegung, besonders die Brotbeschaffung sehr kritisch. Das Lager war überfüllt von Häftlingen – ca. 30-40 000 und Brot konnte kaum noch angeliefert werden, so daß die Rationen verkürzt und warm angeliefert wurden. Jehovas Zeugen waren bekannt als zuverlässig und neutral. Ich erhielt den Auftrag, mir ca. 8 Bibelforscher, Bäcker oder Bäckermeister, zu suchen, aber nur Brüder, keine anderen Häftlinge, um in Apolda Brot zu backen. Der Anfang war etwas schwierig, weil nicht alle Bäcker waren. Bäcker ist ein harter Beruf. Aber wir machten es uns klar: Es geht um das Leben von Tausenden von Häftlingen, besonders um unsere Brüder. So setzten wir unsere ganze Kraft ein, sogar den ganzen Sonntag haben wir noch gearbeitet, um unser Brotlager zu füllen. Nach einigen Wochen meldete mir ein politischer Häftling vom Lebensmittelmagazin: ‚Ihr könnt etwas langsamer arbeiteten, wir haben ca. 40 000 Brote in Vorrat.‘ Diesen Vorrat haben wir gehalten, weil wir wußten, bei dem Wechsel muß Brotvorrat da sein, denn schon Anfang April mußte die letzten Tage der Transport eingestellt werden, weil es kaum noch möglich war, das Brot nach Buchenwald zu bringen. Ein Fahrer der Fabrik wurde beim Brotfahren erschossen und so war gerade in den Tagen der Übernahme genügend Brot vorhanden, denn viele Häftlinge waren so geschwächt, daß schon 1 oder 2 Rationen, die ausfielen, für sie eine Lebensgefahr bedeuteten. Hier ist unsere neutrale Haltung auch besonders den politischen Häftlingen zugute gekommen und sie haben das sehr geschätzt.“

Aus: Brief von Martin Bertram vom 7. Dezember 1970 an die Wachtturm-Gesellschaft Wiesbaden. (Jehovas Zeugen, Archiv Zentraleuropa)