Eugene Heimler

(1922-1990)

Eugene Heimler, undatiert
Eugene Heimler, undatiert ©Heimler Literary Trust/Hartley Library, University of Southampton

Biografie

Eugene Heimler wurde als Jenö Heimler am 27. März 1922 im ungarischen Szombathely in eine jüdische Familie geboren. Nach der Schule absolvierte er eine Ausbildung zum Fotografen. Im Juli 1944 mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert, ermordete die SS seine Frau, seine Schwester und seinen Vater. Ihn selbst verschleppte sie kurz darauf über Buchenwald zunächst in das Außenlager Tröglitz/Rehmsdorf. Im Dezember 1944 kam er in das Außenlager nach Berga, wo er die jugendlichen Häftlinge des „Kartoffelschälkommandos“ in der Häftlingsküche betreute. Im April 1945 gelang ihm auf dem Todesmarsch die Flucht. 1947 emigrierte Jenö Heimler nach England und nannte sich fortan Eugene. Er gründete eine Familie und war als angesehener psychiatrischer Sozialarbeiter tätig. Eugene Heimler starb 1999 in London.

Aus den Erinnerungen von Eugene Heimler

Abfahrt aus Buchenwald
„Am 13. Dezember 1944 wurde ich für den Transport nach Berga-Elster eingeteilt, der unter dem Namen ‚Transport Schwalbe‘ bekannt wurde. […] Einstmals war in Berga-Elster eine Fabrik gewesen. Aber die Maschinen waren abmontiert, und der riesige Schuppen war mit hölzernen Pritschen ausgestattet worden, um das Kontingent von zweitausend Gefangenen, das kürzlich in dem neuen Lager eingetroffen war, unterzubringen. Es war ein kalter Wintersonnenuntergang, als wir beim Appell standen und darauf warteten, in die frühere Fabrik einzumarschieren. Außerhalb des eisernen Tores blinkten die verdunkelten Lichter der kleinen Stadt. Um uns herum erhoben sich gigantische schneebedeckte Berge in eisiger Größe.“

Die Häftlingsküche: ein besseres Arbeitskommando
„Es war ein grausam kalter Winter. Draußen starben unsere Mitgefangenen, die von den Deutschen für den Bau einer Fabrik in den Tiefen der Berge verwendet wurden, Tag für Tag wie die Fliegen. Aber die Jungen und ich, wir hatten in der Küche weder unter Kälte noch unter Hunger zu leiden. Die riesigen Kessel waren warm. Und wenn wir Hunger hatten, gab es immer ein paar gekochte Kartoffeln zu essen.“

Die letzten Tage des Lagers Berga/Elster
„Der Geschützdonner war jetzt lauter als zuvor. Dann ordnete eines Morgens der SS-Kommandant einen besonderen Appell an. Dieser Appell dauerte ungewöhnlich lange. Plötzlich ging eine Welle von Unruhe durch die Reihen, und die Gefangenen brachen aus den Reihen aus, ein bisher noch nicht dagewesenes Geschehen. Aber wie laut die Lagerpolizei auch fluchte und schrie, sie konnte die Ordnung nicht wiederherstellen. Die Menge wogte hin und her, als ob sie plötzlich ein unbekanntes Fieber ergriffen hätte. […] Ein paar Gefangene sangen die Marseillaise, andere die Internationale; wieder andere riefen völlig sinnlos laut durcheinander. Schließlich schoß der SS-Offizier in die Luft, und die Ordnung war wiederhergestellt. Dann sprach Schimmel: ‚Juden, Kommunisten, Lumpen! Ihr könnt die amerikanischen Kanonen hören, ja? Aber keine Sorge, ihr werdet sie nicht mehr lange hören.‘ Er sagte weiter, daß wir nach Osten marschieren würden. Das Lager würde evakuiert. Jeder, der nicht in der Lage war, mitzumarschieren, würde erschossen werden, auch die, die zu fliehen versuchten. Als der Appell vorüber war, hatten uns seine Worte jedoch nicht wirklich alarmiert. Gegen Mittag hörten wir die Nachricht, daß die Amerikaner Buchenwald erobert hatten. Am nächsten Morgen marschierten wir in langen Reihen aus dem Lager.“

Eugene Heimler, Bei Nacht und Nebel. Autobiographischer Bericht 1944/1945, Berlin 1993 [London 1959], S. 131 ff.