Stephen P. Casey

(1924-2015)

István Katona, um 1944
István Katona, um 1944 ©Familie Casey

Biografie

Stephen P. Casey wurde am 29. Juni 1924 als István Katona nahe Budapest in eine jüdische Familie geboren. Nach dem deutschen Einmarsch in Ungarn im Frühjahr 1944 musste der gelernte Elektriker Zwangsarbeit leisten. Ende Oktober 1944 mit Hunderten ungarischen Jüdinnen und Juden zur ungarisch-österreichischen Grenze getrieben und der SS übergeben, kam er über Buchenwald und das Außenlager Schlieben Anfang Februar 1945 nach Flößberg. Nach der Befreiung kehrte er nach Ungarn zurück. 1956 wanderte er nach Australien aus. Dort nahm er den Namen Stephen P. Casey an.

Aus den Erinnerungen von Stephen P. Casey

Von Schlieben nach Flößberg
„Im Januar 1945 errichteten die Hugo-Schneider-Werke ein weiteres Montagewerk in Flößberg. Da sie Elektriker brauchten, wurden einige von uns [aus Schlieben] dorthin gebracht. Der Unterschied zwischen den beiden Lagern fiel uns sofort auf. Keine Wege zwischen den Baracken, nur geschmolzener Schnee und unglaublicher Schlamm. Überall Leichen; dort, wo sie hingefallen waren, blieben sie tagelang liegen – als Warnung an uns. Im Dezember waren ungarische Juden aus Budapest hierhergebracht worden, um aus dem Nichts ein Lager und eine Fabrik am Rande des Dorfes zu errichten.“

Unerwartete Hilfe
„Gegen Ende März kam der einzige Moment, in dem ich an meinem Überleben zweifelte. Ich war extrem geschwächt, hatte Durchfall und fühlte mich nach dem außergewöhnlich kalten Winter 1944/45 elend. Mein linker großer Zeh war seit 1941, einem extrem harten Winter, erfroren, als ich zu Fuß zur Schule ging, und nun war er enorm entzündet. Versehentlich schlug ich mir mit einem Hammer auf den Daumen der linken Hand. Es kam zu einer Infektion und der Lymphknoten unter meinem linken Arm entzündete sich. Ich ging zur Krankenstation im Lager und bat um Freistellung von der Arbeit. Dort war ein ungarischer Arzt, der mir sagte, dass er das nicht tun würde, da jeder, der nicht arbeiten kann, zurück nach Buchenwald geschickt würde, in ein ungewisses Schicksal, das den Tod bedeute. Aber er sagte, er brauche einen Elektriker im Krankenhaus, also könnte ich Krankenpfleger werden, in meiner eigenen Ecke im Lagerraum schlafen und etwas besseres Essen bekommen. Das war mein Glück.“

Todesmarsch
„Am 13. April 1945 hörten wir bereits das Dröhnen alliierter Panzer und sahen Leuchtgeschosse am Nachthimmel. Dann wurde ein Zug mit Viehwaggons ins Lager gebracht, alle wurden hineingepfercht, und wir machten uns auf den Weg. [...] Wir waren etwa zwei Wochen lang im Zug, der uns durch Deutschland und die Tschechoslowakei und schließlich nach Mauthausen brachte. Ich weiß nicht, wie ich oder irgendjemand anders die Zugfahrt überlebt hat, denn wir hatten nur selten, wenn überhaupt, etwas zu essen. Ich habe nur eine sehr vage Erinnerung an die Reise. Das Einzige, woran ich mich erinnere, ist, dass der Zug von Zeit zu Zeit mitten im Nirgendwo anhielt und man uns aussteigen ließ, um die Leichen zu entsorgen. Ich erinnere mich auf jeden Fall daran, dass ich nach Holzkohle gesucht habe, denn alle hatten Durchfall und das war die einzige ‚Medizin‘, die es gab.“

Aus: Stephen P. Casey, My Story, 1944-45. Hungary to Buchenwald, Mauthausen and Back, ohne Datum. (Familie Casey) (Übersetzung aus dem Englischen)