
Gabriel Lisowski wurde am 13. März 1900 in Posen, dem heutigen Poznań in Polen, geboren. Von Beruf Spediteur, schloss sich der zweifache Familienvater nach dem deutschen Einmarsch in Polen der polnischen Widerstandsbewegung an. Die Gestapo verhaftete ihn Anfang August 1940 und wies ihn noch im selben Monat in das Konzentrationslager Buchenwald ein. Im Mai 1941 brachte die SS ihn in das Außenlager Kranichfeld. Die Befreiung erlebte er am 11. April 1945 im Hauptlager Buchenwald. Er kehrte nach Polen zurück, wo er zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Gabriel Lisowski starb 1962 im Alter von 62 Jahren in Poznań.
Aus den Erinnerungen von Gabriel Lisowski
Von Buchenwald nach Kranichfeld
„Unverhofft erhielt ich Ende Mai 1941 den Befehl, nach dem Frühappell an Schild 4 vor der Blockführerstube anzutreten. Was soll das bedeuten? Auf Transport? Wohin? Hier hast du dich eingelebt, du weißt, was du hier hast und nun wieder ins Ungewisse? Am 25. Mai 1941 war ich mit etwa 50 anderen Häftlingen […] an Schild 4 angetreten, verladen in einen allseits geschlossenen LKW und ab ging die Fahrt ins Unbekannte. Von der Wahnsinnsfahrt durcheinandergerüttelt, waren wir nach etwa einer Stunde Fahrt am Ziel. ‚Alles raus – antreten!‘ Wir befanden uns auf dem Vorhof einer alten, verfallenen Ritterburg. Rechts von uns eine alte Linde im Blütenschmuck, hinter einem Wallgraben eine Burg, vor uns und links von uns Remisen und alte Wohngebäude: Schloß Kranichfeld!“
In Kranichfeld
„Das Kommando hatte der SS-Oberscharführer Hentschel [Hentzschel]. Kapo war ein rotwinkliger ehemaliger SA-Mann Tanten [Tenten] aus dem Rheinland, seine Vorarbeiter und Funktionäre wählte er aus dem Kreis der BV-er und Arbeitsscheuen. Einquartiert waren wir in einer Wagenremise und in den ersten Wochen ohne Licht und ohne Latrine.
Die wenigen reichsdeutschen Politischen hatten einen guten Riecher für das was sich auf dem Oberschloß abspielen sollte. Schon nach wenigen Tagen waren sie aus dem Arbeitskommando nach Buchenwald verschwunden. Sie wurden durch Arbeitsscheue und Polen ersetzt. Die Arbeit war hart und das Tempo scharf. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjet-Union waren wir Polen keine ‚polnischen Heckenschützen‘ mehr, sondern ‚verfluchte Bolschewisten‘. Das Charachotempo wurde verdoppelt und verdreifacht als solle die Ruine in 8 Tagen wieder in mittelalterlichem Glanz erstanden sein. Noch bevor die Schloßuhr 6.00 Uhr morgens ankündigte, hatten wir bereits schwerste Arbeit geleistet – halb nackt, schweißbedeckt in der frischen Morgenluft und in rasender Jagerei unter der Last schwerster Burgmauersteine oder behauener Balken hetzten wir mit keuchender Lunge von dem Steinbruch am Bummelsberg hinan zum Oberschloss (1,5 km Entfernung). Da sich diese Transportmöglichkeit als unwirtschaftlich erwies, mußte vom Hof ein Wirtschaftswagen zur Verfügung gestellt werden. Als Gespann dienten 30 Häftlinge […].“
Aus: KL. Bu No. P 7381 [Gabriel Lisowski], Kranichfeld im grünen Herzen Deutschlands, in: Die Glocke vom Ettersberg 4 (1962), Nr. 14, S. 3 f.