
©Gedenkstätte Buchenwald
Die Häftlinge
Das Kommando bestand zu annähernd der Hälfte aus polnischen Häftlingen. Von den übrigen deutschen Häftlingen trugen einige den schwarzen Winkel, der als „asozial“ Verfolgten oder den grünen Winkel, der sie als „Berufsverbrecher“ kennzeichnete. Darüber hinaus befanden sich unter den deutschen Häftlingen Männer, die als Zeugen Jehovas, als Sinti und Roma oder als politische Häftlinge kategorisiert worden waren. Diese Zusammensetzung blieb im Wesentlichen unverändert. Häftlingskapo und Lagerältester war der politische Häftling Jakob Tenten aus Krefeld, ein ehemaliger SA-Mann, der nach seiner Zeit in Kranichfeld aus dem Konzentrationslager entlassen wurde. Das Außenlager erreichte den höchsten Belegungsstand mit 90 Häftlingen Mitte August 1942. Zu diesem Zeitpunkt gehörten auch 20 Häftlinge des Außenlagers Tonndorf, die seit Juni 1942 in der Papierfabrik Tannroda (Martinswerk) arbeiteten, zum Außenlager Kranichfeld.
Zwangsarbeit
Für die Bauleitung im Oberschloss zeichnete SS-Untersturmführer Karl Bangert verantwortlich. Vorrangig ging es um Aufräum- und Erhaltungsarbeiten. Ehemalige Häftlinge berichteten, dass auf der Baustelle ein extremes Arbeitstempo herrschte. 1942 erhöhte sich die Arbeitszeit auf täglich elf Stunden. Die Eile der SS stand offensichtlich in Zusammenhang mit wechselnden Sondergenehmigungen, die für das Bauvorhaben und für einzelne Bauabschnitte notwendig wurden. Mehrfach mussten die Arbeiten am Oberschloss infolge kriegsbedingter Bauverbote unterbrochen werden. Im April 1942 stellte die SS die Bauarbeiten wegen fehlender Baugenehmigung offiziell ein. Die Häftlinge arbeiteten in der Folgezeit in der Landwirtschaft, an einem in der Nähe befindlichen Bergrutsch und danach bis Mitte Juni beim Straßenbau für die Stadtverwaltung Kranichfeld. In dieser Periode war das Lager mit durchschnittlich 70 Häftlingen belegt. Das Arbeitskommando in der Papierfabrik Tannroda bestand bis Anfang Oktober 1942; die Häftlinge arbeiteten 11 ¼ Stunden täglich und nur an Sonntagen halbtags.
Krankheit und Tod
Im Außenlager Kranichfeld gab es keine Krankenversorgung. Mehrmals im Monat schickte die SS Häftlinge aus Kranichfeld in das rund 30 Kilometer entfernte Hauptlager zurück, oft zur Behandlung im Häftlingskrankenbau. Sterbefälle in Kranichfeld sind in den offiziellen Unterlagen der Lagerverwaltung nicht ausgewiesen. Den 32-jährigen polnischen Häftling Stanisław Doktor, seit Ende Juli 1942 Häftling in Kranichfeld, ließ die SS am 7. August 1942 in der Ortschaft Stedten bei Kranichfeld öffentlich erhängen. Wegen eines nie aufgeklärten Verdachtes auf Brandstiftung in Stedten war er im Mai 1942 in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert worden. Am 22. Juli 1942 floh der deutsche Häftling Ernst Woidellek aus dem Außenlager Kranichfeld. Er wurde ergriffen und starb am 12. August 1942 in Buchenwald nach der Bestrafung mit 25 Stockhieben.

Bewachung
SS-Kommandoführer in Kranichfeld war SS-Oberscharführer Erich Hentzschel (1914-1944), zuvor als Blockführer in Buchenwald tätig. Zeitweise fungierte auch SS-Hauptscharführer Johann Blank (1906-1944) als Kommandoführer in Kranichfeld. Seit 1939 war er im KZ Buchenwald eingesetzt und diente auch in den Außenlagern in Prettin, Goslar und Quedlinburg zeitweilig als Kommandoführer. Als letzter Kommandoführer in Kranichfeld ist SS-Oberscharführer Karl Springer (geb. 1915) belegt. Die Wachmannschaft bestand aus 12 SS-Männern und einem Wachkommandoführer. Sie wurden als besonders gewalttätig beschrieben. Eine Umzäunung des Häftlingsbereiches gab es nicht. Erich Hentzschel kam 1944 bei einem Fronteinsatz ums Leben, Johann Blank nahm sich im selben Jahr das Leben. Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft in Marburg gegen Karl Springer wegen Verbrechen in Kranichfeld wurde 1968 ergebnislos eingestellt.
Räumung
Als im Oktober 1942 die Arbeiten für die Papierfabrik in Tannroda und bei Anbruch des Winters auch die Bauarbeiten am Oberschloss eingestellt wurden, ging die Zahl der Häftlinge auf 30 zurück. Am 2. Januar 1943 ließ die SS das nun nur noch aus 20 Häftlingen bestehende Außenlager auflösen. Schon Monate später arbeiteten zeitweilig wieder Häftlinge in Kranichfeld, diesmal bei der Errichtung von Fachwerkbauten für die SS-Verwaltung des Amtes W VIII, die nach Bombenschäden aus Berlin nach Kranichfeld verlegt worden war. Vermutlich stammten sie aus dem Buchenwalder Außenlager in Tonndorf. Am 20. Februar 1944 erhielt der Chef des Amtes W VIII, Sitz Kranichfeld, die endgültige Auskunft, dass für den Bedarf des Amtes keine KZ-Häftlinge mehr zur Verfügung stehen würden. Eine Woche später errichtete die Gestapo dort ein Arbeitserziehungslager. Im April 1944 gab es für vier Wochen noch einmal ein Arbeitskommando aus Buchenwald mit durchschnittlich 30 Häftlingen.
Spuren und Gedenken
Beginnend in den 1980er-Jahren retteten gemeinnützige Träger das Oberschloss vor dem Verfall und bauten es weiter aus. Die seit 1994 vorhandene ständige Ausstellung hat die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten überarbeitet und im Mai 2025 wiedereröffnet. Diese informiert über das Außenlager, zudem existiert eine Gedenktafel.
Link zum heutigen Standort auf GoogleMaps
Kontakt:
Förderkreis Oberschloß Kranichfeld e.V.
Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten


Literatur:
Christian Wussow, Kranichfeld, in: Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.), Der Ort des Terrors. Die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 481-484.