Leipzig-Engelsdorf

11. Mai 1944 – 24. November 1944

Das Lager

Die ursprünglich auf Maschinen für die Schuhfabrikation spezialisierte Firma Christian Mansfeld GmbH mit Sitz in Leipzig-Engelsdorf stellte ihre Produktion im Krieg auf Rüstungsgüter um. Die Fabrikhallen befanden sich in der Riesaer Straße 64, abseits der Stadt und in der Nähe des Rangierbahnhofs von Leipzig-Engelsdorf. Bereits seit 1941 setzte das Unternehmen dort Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen ein. Als zusätzliche Arbeitskräfte kamen im Mai 1944 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Buchenwald hinzu. Eine erstmalige Erwähnung fand das neue Kommando „Leipzig-Mansfeld“ am 9. Mai 1944. Drei Tage später trafen die ersten Häftlinge ein. Sie mussten zunächst ein neues Barackenlager errichten. Es lag rund zwei Kilometer östlich des Firmengeländes. Das Lager in Leipzig-Engelsdorf war für die Häftlinge nur Durchgangsstation. Hier wurden sie lediglich im Umgang mit den speziellen Maschinen geschult. Als Facharbeiter kamen die meisten nach dem Anlernen in das Außenlager Wansleben, wo die Mansfeld GmbH in unterirdischen Anlagen Rüstungsgüter produzierte.

Die Häftlinge

Am 12. Mai 1944 brachte die SS die ersten 50 Häftlinge aus Buchenwald nach Leipzig-Engelsdorf. Nachdem das neue Barackenlager fertig war, folgten Mitte Juni 1944 weitere 115 Männer aus dem Hauptlager. Im August 1944 erreichte das Lager mit 215 Häftlingen seine Höchstbelegung. Bereits ab Ende Juli schickte die SS regelmäßig kleinere Gruppen von Häftlingen, die als Facharbeiter angelernt worden waren, aus Leipzig-Engelsdorf nach Wansleben. Politische Häftlinge aus Polen, die zuvor aus Auschwitz nach Buchenwald gebracht wurden, und Häftlinge aus der Sowjetunion bildeten die größten Gruppen im Lager. Anfang September schickte die SS zudem 70 französische politische Häftlinge aus Buchenwald nach Leipzig-Engelsdorf. Hinzu kamen kleinere Gruppen von Männern aus der Tschechoslowakei, Italien oder Kroatien. Als Funktionshäftlinge vor Ort setzte die SS zumindest zeitweise neben dem deutschen politischen Häftling Franz Wetzel aus Saarbrücken auch die beiden polnischen Häftlinge Eugeniusz Mleko und Isidor Schmidt ein.

Zwangsarbeit

Die Christian Mansfeld GmbH setzte die Häftlinge in ihrem Werk in Leipzig-Engelsdorf ein. Hierbei handelte es sich um eine ehemalige Nähmaschinenfabrik, in der das Unternehmen im Krieg Geschosse, Granaten und Teile für Flugzeugmotoren herstellte. Die Häftlinge wurden an Maschinen angelernt, die sie später in der Produktion im Außenlager in Wansleben bedienen sollten. Viele von ihnen waren ursprünglich Tischler, Maurer oder Schlosser. Nach dem Anlernen zählten sie alle als Facharbeiter. Belegt sind zwölfstündige Tag- und Nachtschichten. In den ersten beiden Monaten musste an Sonntagen nicht gearbeitet werden. Danach galten reduzierte Arbeitszeiten.

Krankheit und Tod

Über die medizinische Versorgung im Außenlager bei der Mansfeld GmbH liegen keine Informationen vor. Einige Quellen deuten jedoch darauf hin, dass kranke Häftlinge durch das medizinische Personal des Außenlagers in Leipzig-Thekla mitbetreut wurden. Für das Außenlager in Leipzig-Engelsdorf sind keine Todesfälle dokumentiert.

Bewachung

Als Kommandoführer setzte der Buchenwalder Lagerkommandant SS-Oberscharführer Josef Franz Fischer (geb. 1884) ein. Seit 1940 stand er im Dienst der SS und seit 1942 war er als Blockführer in Buchenwald tätig. Ab April 1943 kommandierte er als stellvertretender Kommandoführer das Außenlager Leipzig-Thekla, von wo er im Mai 1944 nach Engelsdorf wechselte. Nach der Auflösung des Lagers übernahm er im November 1944 als Kommandoführer das Außenlager in Arolsen. In Leipzig-Engelsdorf unterstand ihm eine Wachmannschaft mit 30 SS-Männern (Stand November 1944).
Ermittlungen der Zentralen Stelle in Ludwigsburg wegen Verbrechen in den Leipziger Außenlagern führten in den 1970er-Jahren in Bezug auf das Lager bei der Mansfeld GmbH zu keinem Ergebnis.

Auflösung des Lagers

Ab Oktober 1944 reduzierte sich die Zahl der Häftlinge durch Überstellungen in das Außenlager Wansleben deutlich. Am 24. November 1944 löste die SS das Lager in Leipzig-Engelsdorf schließlich auf. 37 Häftlinge befanden sich an diesem Tag noch vor Ort. Wohin sie gebracht wurden, ist nicht ganz klar. Vermutlich überstellte die SS sie in das nahegelegene Außenlager in Leipzig-Thekla.

Spuren und Gedenken

1947 übernahm die Firma VVB Textima die Christian Mansfeld GmbH. Das Firmengelände und die Werkhallen wurden auf andere Betriebe übertragen und die Produktion vor Ort 1996 eingestellt. Seitdem stand das ehemalige Fabrikgebäude leer, bevor 2022 die Renovierung des Gebäudes begann. Am ehemaligen Standort des Barackenlagers gibt es keine Spuren des Außenlagers mehr. Heute befindet sich auf dem Gelände ein Baumarkt. Vor Ort gibt es keine Erinnerungszeichen. Die Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig erinnert unter anderem auch an die bei der Christian Mansfeld GmbH eingesetzten KZ-Häftlinge.

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Kontakt:
Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig