
Marian Filar wurde am 17. Dezember 1917 in Warschau als jüngstes von sieben Kindern in eine jüdische Familie geboren. Trotz des Krieges schloss der begabte Pianist sein Musikstudium Ende 1941 am Konservatorium in Lemberg ab. Aus dem Ghetto in Warschau deportierte die SS ihn im Mai 1943 in das KZ Lublin-Majdanek und von dort in das Arbeitslager der HASAG in Skarżysko-Kamienna. Über das KZ Buchenwald kam er im August 1944 nach Schlieben. Nach einem Todesmarsch erlebte er im Mai 1945 in Nixdorf (heute Mikulášovice) die Befreiung. Als Konzertpianist trat Marian Filar in ganz Westeuropa auf, bevor er 1950 in die USA emigrierte. Dort setzte er seine Karriere fort. Marian Filar starb 2012 mit 94 Jahren in Pennsylvania.
Aus den Erinnerungen von Marian Filar
Zwangsarbeit für die HASAG
„Die Deutschen hielten uns etwa zehn Tage lang in unserem Zeltlager [Anm.: in Buchenwald] fest, bevor sie uns wieder fortschickten. Dieses Mal in ein Außenlager von Buchenwald namens Schlieben, in der Nähe von Leipzig. Das Lager war ein Zwangsarbeitslager für eine große Fabrik, die Panzerfäuste und andere Munition herstellte. Als erstes musste ich in Schlieben als Holzhacker arbeiten. Ich hackte Holzstämme und zersägte Holz für die Küche – eine Arbeit, über die ich mich sehr glücklich schätzen konnte. Vor allem musste ich nicht an den Chemikalienfässern arbeiten. Diese Arbeit war ein Todesurteil, und alle Häftlinge fürchteten sie. In der Fabrik in Schlieben wurden verschiedene Teile für Panzerfäuste hergestellt, aber auch das chemische Gemisch, das in die Köpfe der Panzerfäuste gefüllt wurde. Wenn eine Panzerfaust auf einem Panzer einschlug, explodierten die Chemikalien und verursachten ein furchtbares Feuer.
Die Deutschen kochten Tausende und Abertausende von Litern dieses gelben chemischen Gemischs in riesigen Fässern, die von Gefangenen mit langen Stangen langsam umgerührt wurden. Die Deutschen, die dort arbeiteten, bekamen Gasmasken, einen freien Tag und spezielles Essen, aber die Gefangenen bekamen nichts. Die Dämpfe, die aus den Fässern aufstiegen, waren tödlich. Zuerst färbte sich die Haut so gelb wie die Chemikalie, und dann fing man an zu husten. Schließlich warst du zu krank, um weiter zu arbeiten – und du bist gestorben. Dann haben sie einen anderen Häftling an deine Stelle gesetzt. […]
Als die Deutschen beschlossen, einen Teil der schweren Maschinen an einen sichereren Ort zu bringen, gehörte ich zu den acht Männern, die sie aus der Fabrik für den Abtransport auf Güterwagen verladen mussten. Wenigstens wussten wir acht nun, was wir ein paar Monate lang tun würden, und das war auch gut so – so mussten wir nicht die Chemikalienfässer umrühren. Aber die Maschinen waren unglaublich schwer, und wir mussten sie über weite Strecken transportieren, manchmal sogar bergauf. Es gab keine Karren oder Pferde, die uns geholfen hätten, nur uns acht. Wir schafften das, indem wir eine Schiene aus Rohren legten und die Maschinen daran entlang rollten, dann das Rohr von hinten nach vorne brachten und dies immer wieder wiederholten.“
Hunger
„Unsere tägliche Verpflegung war gering. Normalerweise bekamen wir mittags ‚Suppe‘ und abends Kaffee – so nannten sie es zumindest – und ein Stück Brot, und jeden zweiten Tag ein kleines Stück Salami oder Margarine. Das war alles. Jeder war halb tot vor Hunger. Deshalb musste man Essen klauen, wenn man überleben wollte. Wir haben bei jeder Gelegenheit Lebensmittel gestohlen, sogar am Bahnhof und in den Zügen, wo unsere Arbeiter Kartoffeln, Zuckerrüben und was sie sonst noch finden konnten, gestohlen haben. Das war die einzige Möglichkeit, am Leben zu bleiben. Aber wenn du erwischt wurdest, haben sie dich sofort getötet.“
Aus: Marian Filar and Charles Patterson, From Buchenwald to Carnegie Hall, Jackson 2002. (Übersetzung aus dem Englischen)