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Claude Pot wurde am 25. August 1922 in Marnes-la-Coquette bei Versailles geboren. Er studierte Medizin in Paris und schloss sich Ende 1942 der Résistance an. Im Mai 1943 verhaftete ihn die Gestapo. Acht Monate verbrachte er im Gefängnis von Fresnes bei Paris, bevor er im Januar 1944 nach Buchenwald deportiert wurde. Im September 1944 überstellte die SS Claude Pot in das neue Außenlager in Witten-Annen. An der Seite des französischen Häftlingsarztes Boris Klotz arbeitete er dort als Krankenpfleger. Unmittelbar nach der Rückkehr in seine Heimat schrieb er seine Erinnerungen an die Gefangenschaft auf. Er schloss sein Medizinstudium ab, gründete eine Familie und arbeitete als Arzt in Auxerre, wo er 2014 mit 91 Jahren starb.
Aus den Erinnerungen von Claude Pot
Das Lager
„Wir waren 700 Häftlinge: ein Drittel Franzosen, ein Drittel Russen, die übrigen waren Deutsche, Polen, Spanier und Italiener. Es gab auch einen Amerikaner und einen Schweizer.
Block 1 erhielt Alfred [Anm: der Lagerälteste], der sich dort sofort ein kleines Zimmer für sich einrichten ließ. Im selben Block befanden sich Alfreds Stellvertreter Günter, der Lagerkoch und einige Kapos. Der Rest des Blocks diente als Lager für Lebensmittel und Ersatzkleidung.
Block 2 war den Franzosen zugeteilt. Der Blockälteste war ein Franzose aus dem Elsass, der sehr gut Deutsch sprach; sein Stubendienst war ein Franzose, der auch als Friseur arbeitete. Aus irgendeinem Grund, den ich vergessen habe, waren in diesem Block auch etwa 15 Russen untergebracht.
Block 3 war zur Hälfte mit Franzosen und zur Hälfte mit Polen belegt: Der Blockälteste war Pole. Block 4 war ausschließlich mit Russen belegt. Block 5, der in etwa zehn kleine Zimmer unterteilt war, wurde von Deutschen und Polen bewohnt. Block 6 diente als Werkstatt. Block 7 war französisch mit einigen Russen. Schließlich diente ein Gebäude als Krankenhaus: Es bestand aus einem Wartesaal, einem Beratungsraum, zwei Räumen für die Unterbringung der Kranken und einem kleinen Raum, in dem der Arzt und der Krankenpfleger untergebracht waren.“
Musterung
„Schon am dritten Tag nach unserer Ankunft kamen Ingenieure der Fabrik mit tragbaren Tischen in unser Lager, auf denen sie mysteriöse Instrumente aufstellten. Die Häftlinge mussten antreten und verschiedene Tests mit diesen Instrumenten absolvieren. Außerdem mussten sie schriftlich Fragen beantworten und verschiedene Pläne reproduzieren. Schließlich wurden 550 der 700 geprüften Häftlinge ausgewählt und in der Fabrik eingesetzt, die anderen mussten sich mit Erdarbeiten begnügen.“
Die SS
„Die SS-Männer, die für unsere Bewachung zuständig waren, wohnten in zwei Baracken neben der Küche. Da sie nur wenige waren, waren sie gezwungen, vier bis sechs Stunden am Stück Wache zu halten. Mit zunehmender Müdigkeit dösten die Wachen nachts manchmal ein. Eines Nachts schnitten zehn Russen und Polen den Stacheldraht mit einer aus der Fabrik gestohlenen Zange durch und konnten fliehen, ohne dass ein Alarm ausgelöst wurde. Erst beim Morgenappell wurde ihr Verschwinden bemerkt. Wie man uns erzählte, wurden sie alle wieder eingefangen oder erschossen. Nur einer von ihnen wurde ins Lager zurückgebracht. Nachdem er geschlagen worden war, musste er zur Strafe 36 Stunden lang mit gekreuzten Armen auf einem Hocker stehen.
Die SS-Wachen wurden von einem Hauptfeldwebel befehligt, der als Lagerkommandant fungierte; er war ein brutaler Kerl, der jeden schlug. Er war stolz wie ein Pfau, war immer fein herausgeputzt und trug prächtige Stiefel. Es schien ihm Spaß zu machen, die Gefangenen leiden zu lassen. Wir nannten ihn Napoleon, weil er die Angewohnheit hatte, seine rechte Hand zwischen zwei Knöpfe seiner Weste zu stecken.“
In der Fabrik
„Eines Tages wurde ich in die Fabrik gerufen, um nach einem Verletzten zu schauen. Sein Fuß war von einem Stück Gusseisen zerquetscht worden. Es war das erste Mal, dass ich die Fabrik sah, und ich fand sie riesig. Die Häftlinge arbeiteten in einer Halle, die nur für sie bestimmt war: Die Türen waren bewacht und die Fenster vergittert. Andere Hallen waren für Kriegsgefangene oder freie Arbeiter bestimmt. Da bearbeitete Teile jedoch von einer Halle in die andere gebracht werden mussten, hatten einige Häftlinge Gelegenheit, mit Kriegsgefangenen zu kommunizieren und so Neuigkeiten zu erfahren.
Die Häftlinge, die in der Fabrik arbeiteten, wurden von deutschen Vorarbeitern, Meistern und Zivilingenieuren angeleitet, die Sabotage verhindern sollten. Dieses deutsche Personal war oft genauso brutal und schlecht wie die SS. Meldeten sie einen Häftling wegen mangelnder Arbeitsleistung bei der SS, so wurde ihm seine Essensration für acht Tage um die Hälfte gekürzt.
In der Fabrik wurde am Fließband gearbeitet. Sobald es also eine Unterbrechung am Fließband gab, blieben alle nachfolgenden Häftlinge unbeschäftigt. Dennoch verboten die zivilen Meister den unbeschäftigten Häftlingen sich hinzusetzen. Auch nachts, wenn die Häftlinge bei ausbleibender Arbeit einschliefen, wurden sie mit Schlägen auf die Füße geweckt.“
Begegnungen
„Eines Tages stieß Alfred im Zorn einen tschechischen Häftling um, der nicht mehr aufstehen konnte. Alfred dachte, der Häftling würde sich über ihn lustig machen, fing an zu schreien und schlug ihn. Als wir dazukamen, stellten wir fest, dass der Tscheche einen Oberschenkelhalsbruch erlitten hatte. Der Bruch hätte gerichtet und eingegipst werden müssen, doch dafür waren wir nicht ausgerüstet.
Nach einer langen Diskussion entschieden Napoleon und Alfred, dass der Verletzte in das Krankenhaus in Witten gebracht werden sollte. Zusammen mit Klotz transportierte ich den Tschechen auf einer fahrbaren Trage unter der Aufsicht von zwei SS-Wachen. […] Als wir Witten durchquerten, fiel mir die große Anzahl an Kindern auf, die überall herumwimmelten. Erwachsene sah ich jedoch nur wenige.
Wir erreichten das Krankenhaus, das von protestantischen Diakonissen geführt wurde […].
Ich blieb mit einem der SS-Wachen an der Schwelle des Krankenhauses stehen, während Klotz, der vom Arzt erwartet wurde, mit dem Verwundeten eintrat. Der andere SS-Wachposten versuchte, ihnen zu folgen, aber der Arzt widersetzte sich und erklärte, dass es nicht in Frage käme, ein Krankenhaus mit Waffen zu betreten, und dass er im Übrigen die Verantwortung für die beiden Gefangenen übernehme.
Ich war zum Nichtstun verurteilt und beobachtete das Kommen und Gehen mit beiden Händen auf dem Rücken. Als eine Schwester hinter mir vorbeikam, legte sie mir etwas in die Hand: zwei kleine Sandwiches aus Toastbrot. Als ich mich umdrehte, war sie schon verschwunden.“
Aus: Claude Pot, De Fresnes à Buchenwald. Mémoires de captivité et de déportation (1943-1945), Auxerre 2018 [1946]. (Übersetzung aus dem Französischen)