
Pierre Harignordoquy kam am 7. Juni 1910 in Saint-Étienne-de-Baïgorry im französischen Baskenland zur Welt. 1936 wurde „Peio“, so sein Rufname auf Baskisch, zum Priester geweiht. Als französischer Soldat geriet er im Juni 1940 in deutsche Kriegsgefangenschaft. In einem Kriegsgefangenenlager in Köln half er Soldaten bei der Flucht. Die Gestapo verhaftete ihn im Sommer 1944 und wies ihn kurz darauf in das KZ Buchenwald ein. Im November 1944 brachte ihn die SS nach Langensalza, wo er bis zur Auflösung des Lagers blieb. Die Befreiung erlebte Pierre Harignordoquy Ende April 1945 in Dachau. Nach der Rückkehr in seine Heimat nahm er seine Tätigkeit als Priester wieder auf. Er starb im April 1988. Seine Familie veröffentlichte seine 1954 verfassten Erinnerungen posthum.
Aus den Erinnerungen von Pierre Harignordoquy
Die Arbeit
„Schließlich betreten wir die Fabrik, groß und gut belüftet. Es handelt sich um eine ehemalige Weberei, die in Anbetracht der Lage in eine Flugzeugfabrik umfunktioniert wurde. Sie besteht aus einem Dutzend Werkstätten, die jeweils von einem Ingenieur und zwei deutschen Meistern oder Vorarbeitern geleitet werden. […] Wir stellen uns gegenüber unseren Ingenieuren auf und die Verteilung auf die verschiedenen Werkstätten erfolgt schnell. Ich bekomme die erste Werkstatt zugewiesen, in der der Bau der Flugzeugtragfläche beginnt. Meine Aufgabe besteht darin, drei Duraluminiumplatten auf das riesige Basisritzel zu legen und dann mit einer elektrischen Pistole vierhundert Löcher für Nieten auf jeder Seite des Flügels zu bohren. Alles in allem eine recht einfache Arbeit, wenn man nicht immer stehen müsste und die SS nicht ständig mit Knüppeln auf uns einschlagen würde, um uns daran zu erinnern, dass wir Häftlinge sind […].“
Sabotage
„Ich muss aber auch zugeben, dass ich keine Lust hatte, für Großdeutschland zu arbeiten, denn ich hatte meine Prinzipien über die Arbeit in Deutschland, und ich glaube, ich hätte alles sabotiert, wenn ich nicht unter der ständigen Aufsicht unserer Wächter hätte arbeiten müssen. Trotz dieser Bewachung gelang es uns, unsere Arbeit als Franzosen zu machen, und von den vierhundert Löchern, die ich auf beiden Seiten des Flügels bohren musste, waren hundertfünfzig einigermaßen in Ordnung, die anderen krumm. […] Mehr als einmal wurde ich der Sabotage beschuldigt, aber der Beweis für meine Schuld war schwer zu erbringen, denn wenn ich überwacht wurde, arbeitete ich wie ein Spezialist. Wenn das Stück fertig war, kamen zwei Ingenieure, um es zu kontrollieren, und es ging in die zweite Werkstatt, wo Jean Bernier arbeitete.“
Die Haftbedingungen
„Die Verhältnisse in der Fabrik in Langensalza waren anfangs relativ milde. Doch schon bald gab es eine große Anzahl von Deportierten, die versucht hatten zu fliehen. Sie kamen aus Dachau und trugen neben dem roten Dreieck der politischen Deportierten ein großes Quadrat aus weißem Stoff auf ihrer Jacke. Durch ihre Ankunft stieg unsere Zahl auf zweitausend Häftlinge, und das Kommando wurde dadurch zu einem Strafkommando. Wieder einmal mussten wir die Zeche zahlen. [...] Nach den zwölf Stunden Arbeit gab es einen endlosen Appell. Dann legten wir uns hin. Zwei Stunden später wurden wir entweder von der Kälte betäubt und mussten aufstehen, oder, wenn wir es schafften, uns aufzuwärmen, begannen die Läuse zu zirkulieren und das Ergebnis war das gleiche. Wir versuchten, uns zu waschen, aber wir hatten weder Handtücher noch Seife und da wir unsere Arbeitskleidung ständig bei uns trugen, war es sinnlos, daran zu denken, sauber zu bleiben. Unsere Arbeit war außerdem sehr schmutzig und gefährlich, da der Duraluminiumstaub auf den Wunden oft tödlich war.“
Das Ende des Lagers
„Am Karfreitag und Karsamstag 1945 lief die Fabrik nicht und obwohl die SS die Fabrik bewachte, kümmerte sie sich nicht mehr um uns. Wir merkten sehr wohl, dass die Alliierten vorrückten und sie nicht mehr weit von uns entfernt waren. Am Ostermorgen, dem 1. April 1945, brachte man uns in die Fabrik und gab uns den Befehl, alles zu zerstören. Die unfertigen Tragflächen und alle elektrischen Anlagen. Das war wirklich das Ende.“
Pierre Harignordoquy, Un prêtre basque déporté. 1939-1944, 2014, S. 127 ff. (Übersetzung aus dem Französischen)