Das Lager
Der Leipziger Rüstungskonzern Hugo-Schneider-Aktiengesellschaft (HASAG) richtete 1939 in Taucha, nordöstlich von Leipzig, ein neues Zweigwerk ein. Hier setzte das Unternehmen neben deutschen Männern und Frauen im Krieg verstärkt Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen sowie Kriegsgefangene aus den deutsch besetzten Ländern ein. Bereits seit September 1944 wurden in Taucha zudem weibliche Häftlinge des KZ Buchenwald ausgebeutet. Einen Monat später richtete die HASAG mit der Buchenwalder SS zusätzlich ein Außenlager für männliche Häftlinge ein. Deren Unterbringung erfolgte auf dem gleichen Gelände in der damaligen Freiherr-vom-Stein-Straße 3a (heute Matthias-Erzberger-Straße) auf dem auch das Frauenaußenlager lag. Das gesamte Lagerareal war von einem Stacheldrahtzaun und Wachtürmen umgeben und der bereits länger bestehende Teil des Barackenlagers mit Stacheldraht vom Frauenlager getrennt. Das Lager befand sich in der Nähe des Bahnhofs von Taucha, rund einen Kilometer vom Arbeitsort der Häftlinge im Werk der HASAG entfernt.
Krankheit und Tod
Für das Frauen- und das Männerlager in Taucha setzte die SS wechselnde Häftlingsärzte und -ärztinnen bzw. Häftlingspfleger und -pflegerinnen ein. In der Anfangszeit kümmerten sich die beiden jüdischen Ärztinnen Myriam David aus Paris und Karola Leczycka aus Poznań sowie Oskar Engelberg aus Dej im heutigen Rumänien um die Kranken. In den letzten Monaten fungierte Alexander Hermann aus Prag als Häftlingsarzt. Seitens der SS war ein SS-Sanitäter namens Dressler für die Krankenstation zuständig und zusätzlich der Vertragsarzt Dr. Lutze aus Leipzig dem Lager zugeordnet. Durchschnittlich 20 Männer galten täglich wegen Krankheit als nicht arbeitsfähig. Drei Todesfälle sind bis zur Räumung des Lagers belegt. Mindestens einer der Toten wurde in Taucha bestattet.

Bewachung
Für die Bewachung des Frauen- und des Männerlagers war dieselbe SS-Wachmannschaft verantwortlich. Die Leitung des Kommandos wechselte wiederholt: Auf den SS-Scharführer Karl Schmidt (geb. 1892) folgte im Dezember 1944 SS-Unterscharführer Franz Langner. Ab März 1945 führte SS-Hauptscharführer Arthur Martin (geb. 1886) das Kommando. Eine Aufsichtsfunktion über das Lager scheint – wie bei den übrigen HASAG-Außenlagern auch – der Kommandoführer des HASAG-Lagers in Leipzig-Schönefeld, SS-Obersturmführer Wolfgang Plaul, innegehabt zu haben. Die Wachmannschaft in Taucha umfasste 42 bis 48 SS-Männer und 14 SS-Aufseherinnen. Letztere waren ausschließlich im Frauenlager eingesetzt. Ermittlungen der westdeutschen Behörden gegen Karl Schmidt und Arthur Martin wurden 1975 ergebnislos eingestellt.
Räumung
Ende März 1945 befanden sich noch rund 1.200 Frauen und über 400 Männer in den Lagern in Taucha. Spätestens am 13. oder 14. April löste die SS beide Lager auf. In unterschiedlichen Kolonnen mussten die Häftlinge in Richtung Osten marschieren. Vermutlich schlossen sich manche Gruppen aus geräumten Leipziger Außenlagern an, die zum Teil erst nach wochenlangen Märschen durch die Rote Armee befreit wurden. Wie viele Frauen aus Taucha unterwegs ums Leben kamen, ist nicht bekannt. Eine Gruppe von etwa 80 nicht marschfähigen Frauen und Männern blieb zusammen mit dem letzten Häftlingsarzt, Alexander Hermann aus Prag, und einigen Häftlingspflegern und -pflegerinnen im Lager. Angehörige des Volkssturms, die die Zurückgebliebenen bewachten, setzten sich am 18. April ab. Häftlinge des Lagers in Leipzig-Thekla, denen die Flucht bis nach Taucha gelungen war, berichteten über die Ermordung von kranken und entkräfteten Häftlingen am 18. April 1945 im dortigen Lager. Daraufhin beschlossen die in Taucha zurückgebliebenen Häftlinge, sich in einem angrenzenden Wald zu verstecken. Dort wurden sie vermutlich am folgenden Tag, dem 19. April 1945, von amerikanischen Truppen befreit.

Literatur:
Charles-Claude Biedermann, Taucha (Männer), in: Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.), Der Ort des Terrors. Die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 585-586.