Bensberg

28. März 1944 – Dezember 1944

Das Lager

In einem aus dem 18. Jahrhundert stammenden Jagdschloss in Bensberg, zwölf Kilometer östlich von Köln, wurde 1935 eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt (NAPOLA) eingerichtet. Leiter dieses NS-Eliteinternats war SA-Gruppenführer Paul Holthoff (1897-1967). Um Reparatur- und Ausbaumaßnahmen durchzuführen, wandte er sich 1943 an befreundete NS-Funktionäre, um Zwangsarbeiter zu erhalten. Im Herbst 1943 arbeiteten wohl zunächst 20 KZ-Häftlinge aus einem Kölner Außenlager in Bensberg. Ob sie dort untergebracht waren, ist unklar. Ende März 1944 wurde das Schloss dann zum Außenlagerstandort. Die dorthin überstellten Häftlinge aus Buchenwald schliefen Berichten nach in einem der Keller der weitläufigen Schlossanlage, vermutlich in einem Fahrradraum. Die Buchenwalder Verwaltung führte das Lager in den ersten Wochen als ein Unterkommando der Baubrigade III, die in Köln stationiert war. Ab Mitte Mai 1944 wurde es zum eigenständigen Außenlager mit dem Namen „Napola Bensberg“.

Die Häftlinge

Bensberg zählte zu den kleinsten Außenlagern Buchenwalds. Zwischen März und Dezember 1944 durchliefen lediglich 13 männliche KZ-Häftlinge das Lager. Für die geplanten Baumaßnahmen hatte Schulleiter Holthoff ausschließlich Häftlinge mit handwerklicher Ausbildung angefordert. Diesen Wünschen entsprach die SS. Alle nach Bensberg gebrachten Männer waren gelernte Dachdecker, Zimmermänner, Maurer oder Tischler. Die ersten zehn Häftlinge erreichten Bensberg am 28. März 1944 aus Buchenwald. Es waren neun tschechische und ein sowjetischer Häftling im Alter von 23 bis 42, die erst kurz zuvor in Buchenwald eingewiesen wurden. Anfang Juli 1944 überstellte die SS zusätzlich drei Franzosen im Alter von 23, 27 und 48 Jahren nach Bensberg. Drei andere Häftlinge wurden dafür in ein Außenlager in Düsseldorf gebracht. Die SS setzte neben den KZ-Häftlingen auch zivile Zwangsarbeitende und Kriegsgefangene für den Betrieb der Napola in Bensberg ein.

Zwangsarbeit

Die Häftlinge scheinen schwerpunktmäßig für Instandsetzungsarbeiten eingesetzt worden zu sein. Ein Brand hatte 1942 Teile des Schlossdaches zerstört und Räume für Unterrichtszwecke unbrauchbar gemacht. Die Behebung der Schäden war 1944 noch nicht ganz abgeschlossen. Um- und Ausbaumaßnahmen, wie den Bau eines Sportplatzes, mussten die Häftlinge durchführen. Sie arbeiteten von Montag bis Samstag. Lediglich an Sonn- und Feiertagen, wie dem 1. Mai, war arbeitsfrei. Obwohl es sich um gelernte Handwerker handelte, galten die Häftlinge als Hilfsarbeiter. Für jeden Arbeitstag bezahlte die NAPOLA deshalb vier Reichsmark pro Häftling an die SS. Monatlich musste die Verwaltung der NAPOLA somit durchschnittlich etwas mehr als 1.000 Reichsmark auf die Konten der SS überweisen.

Krankheit und Tod

Eine eigens für die Häftlinge zuständige Krankenstation, Lagerärzte oder Pfleger gab es in Bensberg nicht. Falls eine medizinische Versorgung notwendig war, schien diese durch die NAPOLA organisiert worden zu sein, die auch für die Verpflegung der Häftlinge verantwortlich war. Ausfälle wegen Krankheit oder Verletzungen sind nicht dokumentiert. Todesfälle unter den Häftlingen gab es keine.

Bewachung

Eine aus Buchenwald abgestellte SS-Wachtruppe gab es in Bensberg nicht. Vermutlich übernahmen Ordnungspolizisten aus Münster die Bewachung der Häftlinge. Schulleiter Paul Holthoff hatte sie über persönliche Beziehungen zum Befehlshaber der Ordnungspolizei in Münster, dessen Sohn Schüler der NAPOLA in Bensberg war, zur Verfügung gestellt bekommen. Die Aufsicht über sie schien Holthoff persönlich übernommen zu haben. Ein Kommandoführer aus den Reihen der SS ist nicht belegt. Strafrechtliche Ermittlungen zum Einsatz der Häftlinge in Bensberg gab es in der Nachkriegszeit nicht.

Räumung

Im Oktober 1944 erreichten die Alliierten Aachen. Aufgrund des befürchteten schnellen Vormarsches der alliierten Truppen befahl SS-Chef Himmler Anfang November 1944, die NAPOLA Bensberg zu evakuieren. In einem ehemaligen Kloster in Hardehausen bei Warburg in Ostwestfalen sollte der Unterricht fortgesetzt werden. Mit den Schülern und Lehrern der NAPOLA wurden auch die zehn in Bensberg eingesetzten KZ-Häftlinge in das rund 200 Kilometer entfernte Hardehausen gebracht. Vermutlich geschah dies im Dezember 1944. Ein genaues Datum ist nicht überliefert. Aus dem Außenlager „NAPOLA Bensberg“ wurde das neue Außenlager „NAPOLA Hardehausen“.

Spuren und Gedenken

Nach dem Krieg nutzten amerikanische, englische und später belgische Besatzungstruppen das Schloss. Bis 1999 war in ihm ein belgisches Internat untergebracht. Nach einem Umbau wird es heute als Grand Hotel weiterbetrieben. Auf Initiative von Schülerinnen und Schülern des Otto-Hahn-Gymnasiums wurden im Juli 2025 in Kooperation mit der Stadt Bergisch Gladbach, der Generali Deutschland AG und dem Stadtarchiv Bergisch Gladbach zwei Gedenkstelen eingeweiht. Sie erinnern an die Geschichte der NAPOLA Bensberg und zwei Zwangsarbeiter, die Hitlerjungen im März 1945 im Schlosspark ermordeten. Die Ergebnisse ihrer Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes präsentiert der Literaturkurs des Otto-Hahn-Gymnasiums zudem auf einer Webseite.

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Literatur:

Dieter Zühlke u. Jan Erik Schulte, Vom Rheinland nach Westfalen: KZ-Außenlager bei der „Nationalpolitischen Erziehungsanstalt“ in Bensberg und Hardehausen, in: Jan Erik Schulte (Hg.), Konzentrationslager im Rheinland und Westfalen 1933-1945. Zentrale Steuerung und regionale Initiative, Paderborn 2005, S. 113-130.