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Bernardo Hirsch wurde als Bernath Hirsch am 16. März 1919 im transsilvanischen Reteag – heute Rumänien – in eine orthodoxe jüdische Familie geboren. Er hatte neun Geschwister. Im Juni 1944 deportierte die SS ihn und seine Familie nach Auschwitz-Birkenau, wo sie viele seiner Angehörigen ermordete. Er überlebte die dortige Selektion und kam Ende Juni mit einem seiner Brüder über Buchenwald in das Außenlager beim Bochumer Verein. Die Befreiung erlebte er Anfang Mai 1945 in Theresienstadt. Er arbeitete später für das American Joint Distribution Committee und wanderte 1947 nach Argentinien aus, wo er 2018 im Alter von 99 Jahren starb.
Aus den Erinnerungen von Bernado Hirsch
Aufbau des Lagers
„Am Anfang wurden wir eingesetzt, um einen Elektrozaun um das ganze Konzentrationslager zu errichten. Eine mit Stacheldraht besetzte Betonmauer. Nachdem der Zaun fertiggestellt war, arbeiteten wir an der Errichtung der Baracken. […] Die etwa fünfzig Meter langen Baracken wurden aus Holz gezimmert. Ein langer Gang führte durch die Mitte, und beiderseits davon befanden sich Trennwände, die die Baracke in Abschnitte für fünf oder sechs Personen teilten, mit Brettern auf dem Boden – zum Schlafen.“
Kälte
„Wir waren von Juni 1944 bis März 1945 in Bochum. Uns hatten die kältesten Wintermonate erwischt und wir hatten nicht die entsprechende Kleidung, um uns zu bedecken. Was taten wir? Wir benutzten die Zementsäcke, die aus drei Schichten gestärktem, wasserundurchlässigem Papier bestanden und in die wir ein Loch für den Kopf und zwei Löcher an der Seite für die Arme machten; die trugen wir unter der Jacke. Sie bedeckten uns ein wenig und im Wesentlichen schützen sie uns vor dem Wind.“
Hygiene
„In der ganzen Zeit wurden wir zweimal in die Stadt zu einem Badehaus gebracht, um uns zu duschen, denn in unseren Baracken hatten wir diese Möglichkeit nicht. Demzufolge konnten wir in den zehn Monaten, die wir in Bochum waren, nur zweimal für unsere Körperhygiene sorgen, und das hat uns nicht davor bewahrt, Krankheiten zu bekommen. Auch wenn die höchste Sterblichkeit durch Bombardierungen und durch Verhungern verzeichnet wurde.“
Arbeit
„Man weckte uns in aller Frühe, damit jeder nach dem ärmlichen Frühstück, das man uns gab, zu seiner Arbeit ging, die er ohne Pause bis zum Abend verrichten musste. Den ganzen Tag wurden wir von Elementen der SS bewacht, und ein Ziviler, der wie ein SS-Mann wirkte, gab die Befehle und Anweisungen. […] Mein Bruder und ich mussten weitere Baracken bauen. Ich danke Gott dafür. Denn die Arbeit in der Fabrik war so erschöpfend und die Ernährung so ärmlich, dass viele nach kurzer Zeit starben. Es handelte sich um eine Bombenfabrik, in der man Metalle in einen Ofen mit sehr hoher Temperatur schaufeln musste, was zusätzlich zu dem Druck der Maschinen eine so erschöpfende Aufgabe war, dass man sich durch die magere Ernährung nicht davon erholen konnte.“
Räumung
„Als die Alliierten begannen, das Gebiet pausenlos zu bombardieren, wurde der Befehl gegeben, Bochum zu evakuieren. Sie steckten uns in Waggons, wie es ihre Art war, und brachten uns nach Buchenwald, von wo aus sie uns vorher nach Bochum gebracht hatten. Das machten sie in solch einer Eile, dass es offensichtlich war, dass sie Angst hatten, von den Alliierten gefasst zu werden. Und auch wenn unser Gefangenenkontingent nicht die schrecklichen Massaker erlebte, von denen wir allmählich erfuhren, war es klar, dass die Nazis vermeiden wollten, dass die Juden von den Alliierten befreit werden, damit sie ihnen nicht selbst von den Gräueltaten berichten konnten, die sie begangen hatten. Deswegen hatten sie es so eilig, als sie den Evakuierungsbefehl erhielten.“
Aus: Bernardo Hirsch, Marcado de por Vida: Testimonio de un sobreviviente, Florida Blanca 1998. (Übersetzung aus dem Spanischen)