
©Luftbilddatenbank Dr. Carls
©Luftbilddatenbank Dr. Carls
Das Lager
In der Castroper Straße, unweit der Bochumer Innenstadt, lag das Stahlwerk der Bochumer Eisen- und Hüttenwerke AG. Im Krieg wurden in erster Linie Rüstungsgüter produziert, unter anderem Stahlplatten für Panzer. Mitte 1944 arbeiteten in der Produktion neben der deutschen Belegschaft bereits mehrere tausend ausländische Zwangsarbeitende. Zusätzlich ließ die Werksleitung im Sommer 1944 auf dem Betriebsgelände ein Lager für KZ-Häftlinge einrichten. Wo genau auf dem Areal zwischen Karl-Lange-Straße, Castroper Straße und den angrenzenden Bahngleisen sich das Lager befand, ist nicht bekannt. Ebenso liegen bisher keine Informationen über die Unterbringung der Häftlinge vor. Die Buchenwalder SS führte das Außenlager ab Ende August 1944 unter der Bezeichnung „SS-Arbeitskommando Eisen- und Hüttenwerke A. G., Werk Bochum“ oder in der Kurzform als „EHW Bochum“.
Die Häftlinge
Am 21. August 1944 wurden die ersten 400 Häftlinge für den Einsatz bei der Eisen- und Hüttenwerke AG aus Buchenwald nach Bochum gebracht. Politische Häftlinge aus Polen bildeten die größte Gruppe unter ihnen, gefolgt von sogenannten russischen Zivilarbeitern aus der Sowjetunion. Sie alle waren erst wenige Tage zuvor aus Auschwitz nach Buchenwald überstellt worden. Zum ersten Transport gehörte auch rund ein Dutzend deutscher Männer, die die SS als Funktionshäftlinge einsetzte. Mitte September 1944 stieg die Belegung des Lagers mit 650 Insassen auf ihren Höchststand. Neben Männern aus Polen und der Sowjetunion stellten über einhundert politische Häftlinge aus Frankreich nun die drittgrößte Gruppe im Lager dar. Hinzu kamen einzelne Niederländer, Tschechen, Italiener, Belgier und Spanier. Der aus Emden stammende Max Windmüller war nach bisherigem Kenntnisstand der einzige als jüdisch geltende Häftling im Lager an der Castroper Straße.
Bewachung
Über die Bewachung des Außenlagers liegen nur wenige Informationen vor. Die Wachmannschaft bestand aus rund 40 SS-Männern. An ihrer Spitze stand SS-Oberscharführer Johann Schmidt (geb. 1912) als Kommandoführer. In den Jahren zuvor war er in Buchenwald unter anderem als Blockführer eingesetzt gewesen. Der höherrangige Kommandoführer des zweiten Bochumer Außenlagers beim Rüstungsunternehmen Bochumer Verein, SS-Obersturmführer Hermann Großmann (1901-1948), scheint zusätzlich eine Aufsichtsfunktion über das Außenlager innegehabt zu haben. Strafrechtliche Ermittlungen wegen Verbrechen im Außenlager bei der Eisen- und Hüttenwerke AG gab es in der Nachkriegszeit nicht.
Räumung
Am 17. März 1945 ließ die SS das Außenlager wegen der sich nähernden alliierten Truppen räumen. Per Zug wurden die Häftlinge zusammen mit den Insassen des Außenlagers beim Bochumer Verein nach Buchenwald gebracht. Aufgrund von zerstörten Strecken dauerte die Fahrt mehrere Tage. Am 21. März registrierte die SS im Hauptlager 616 eingetroffene Häftlinge aus dem Außenlager der Eisen- und Hüttenwerke AG. Viele von ihnen waren sterbenskrank. 16 Häftlinge aus den Bochumer Lagern hatten bereits die Fahrt nicht überlebt, weitere starben in den Tagen nach der Ankunft im Kleinen Lager von Buchenwald. Einen Großteil der Überlebenden trieb die SS Anfang April auf Todesmärsche in Richtung anderer Konzentrationslager.
Spuren und Gedenken
Mit Kriegsende wurde der Betrieb im Werk der Eisen- und Hüttenwerke nahtlos fortgeführt. Nach mehreren Eigentümerwechseln und zahlreichen baulichen Veränderungen produziert heute die Stahlwerke Bochum GmbH am Standort an der Castroper Straße. Vor Ort erinnert nichts an das ehemalige Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Auf dem Bochumer Zentralfriedhof am Freigrafendamm steht seit 1965 ein Gemeinschaftsgrabmal für die mehr als 1.700 auf dem Friedhof beigesetzten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge.
Link zum heutigen Standort auf GoogleMaps


