Mackenrode

21. Juli 1944 – 28. Oktober 1944

Das Lager

Im Mai 1944 verlegte die SS die in Köln-Deutz und Duisburg stationierte SS-Baubrigade III in den Südharz. Die Häftlinge mussten am Bau der Helmetalbahn arbeiten, einer neuen Eisenbahnlinie, die Nordhausen mit Osterhagen verbinden sollte. In der kleinen Ortschaft Wieda, heute ein Ortsteil von Walkenried in Niedersachsen, entstand der neue Hauptstandort der SS-Baubrigade III. Die SS gründete im Sommer 1944 entlang der Baustelle Nebenlager in Mackenrode, Nüxei und Osterhagen. In Mackenrode, heute ein Ortsteil der Gemeinde Hohenstein, erfolgte die Unterbringung der Häftlinge auf einer Wiese am Südrand des Dorfes. Das Lager wurde nach der Ankunft der ersten Häftlinge zügig errichtet. Es bestand aus zwei Unterkunftsbaracken und einer Revierbaracke. Die Häftlinge mussten sich aus Platzmangel zu zweit eine Pritsche teilen. Vier hölzerne Wachtürme und ein elektrischer Zaun trennten das Lager vom Dorf. Es gab keine Wasserleitung. Lastwagen brachten das Trinkwasser mit Wasserfässern in das Lager. Das Essen wurde täglich aus dem Hauptstandort der Baubrigade in Wieda angeliefert. Das Wachpersonal war in einer Baracke neben dem Lager untergebracht.

Die Häftlinge

Am 21. Juli 1944 trafen die ersten 150 Häftlinge aus Wieda in Mackenrode ein. Mehr als die Hälfte von ihnen waren politische Häftlinge aus Frankreich, die erst im Mai aus dem Durchgangslager Compiègne bei Paris nach Buchenwald deportiert wurden. Viele waren bei großangelegten Razzien in Frankreich verhaftet worden, wie etwa im April 1944 in Saint-Claude. Die übrigen Männer stammten größtenteils aus Polen, der Sowjetunion, den Niederlanden und dem damaligen Deutschen Reich. In den folgenden Monaten kamen weitere Häftlinge nach Mackenrode. Berichten zufolge befanden sich ab diesem Zeitpunkt durchschnittlich 300 Häftlinge im Lager.

„Am Spätnachmittag, nachdem wir ununterbrochen etwa 25 Kilometer marschiert sind, kommen wir in dem Dorf Mackenrode an. Mitten auf einer Wiese erwartet uns eine von Stacheldraht vier Wachttürmen umgebene Baracke.“
Aimé Bonifas
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Zwangsarbeit

Die Häftlinge wurden zur Zwangsarbeit entlang der geplanten Trasse der Helmetalbahn eingesetzt. Es waren körperlich sehr schwere Arbeiten. Sie mussten Bäume fällen und die Stämme mit reiner Muskelkraft transportieren oder Erd- und Planierungsarbeiten durchführen. Die Arbeitszeit betrug täglich 12 Stunden. Den Weg zu den Arbeitsstellen marschierten die Männer zu Fuß – bis zu 16 Kilometer jeden Tag.

Krankheit und Tod

Für die medizinische Versorgung vor Ort setzte die SS den französischen Arzt René Cler als Häftlingsarzt ein. Ob ihm Krankenpfleger behilflich waren, ist nicht bekannt. Eine kleine Krankenstation soll in einer Baracke neben den Häftlingsunterkünften existiert haben. Für die Versorgung der Häftlinge standen jedoch kaum Mittel zur Verfügung, so dass die meisten kranken Häftlinge in das Hauptlager der SS-Baubrigade III nach Wieda und von dort in den Krankenbau des Außenlagers Dora gebracht wurden. Für den Zeitraum bis Ende Oktober 1944 sind keine Todesfälle für das Außenlager in Mackenrode dokumentiert.

Bewachung

Der Führer der SS-Baubrigade III kommandierte gleichzeitig die Lagerstandorte der Baubrigade. Für den Zeitraum der Stationierung in Mackenrode war dies SS-Obersturmführer Fritz Behrens, über den keine weiteren Informationen vorliegen. Als Lagerführer im Nebenlager Mackenrode fungierte ein SS-Oberscharführer namens Walter Dotzauer. Auch über ihn ist bisher nichts weiter bekannt. Die SS-Wachmannschaft der gesamten SS-Baubrigade III bestand aus etwa 200 Mann. Wie viele von ihnen in Mackenrode eingesetzt waren, ist nicht dokumentiert. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen mehrere Angehörige der Wachmannschaften der SS-Baubrigade III führten in den 1970er-Jahren zu keiner Verurteilung.

Übernahme durch das KZ Mittelbau

Das Außenlager Mackenrode und die übrigen Lager der Baubrigade III wurden Ende Oktober 1944 dem nun selbstständigen Konzentrationslager Mittelbau unterstellt. Somit waren sie keine Buchenwalder Außenlager mehr. Im Januar 1945 ging die Verwaltung der Außenlager in die Zuständigkeit des Konzentrationslagers Sachsenhausen über. Das Lager in Mackenrode existierte weiter bis zu seiner Räumung Anfang April 1945.

Spuren und Gedenken

Vom ehemaligen Außenlager Mackenrode sind heute keine baulichen Spuren mehr vorhanden. In den 1970er-Jahren wurde am Kriegerdenkmal der Stadt eine Gedenktafel angebracht, die auf das Außenlager hinweist. 1995 ließ die Gemeinde einen Gedenkstein auf dem Gelände des ehemaligen Außenlagers Mackenrode errichten.

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Gedenkstein in Mackenrode, 2020. Foto: Axel Hindemith
Gedenkstein in Mackenrode, 2020. Foto: Axel Hindemith ©Lizenz: Creative Commons CC-by-sa-3.0 de

Literatur:

Jens-Christian Wagner, Mackenrode (SS-Baubrigade III), in: Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.), Der Ort des Terrors. Die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 7, München 2006, S. 318 f.

Firouz Vladi (Hg.), Der Bau der Helmetalbahn. Ein Bericht von der Eisenbahngeschichte, den KZ-Außenlagern der SS-Baubrigaden, Zwangsarbeit im Südharz in den Jahren 1944-45 und den Evakuierungsmärschen im April 1945, Duderstadt 2000, S. 50-56.


Aimé Bonifas, um 1946/1947
Aimé Bonifas, um 1946/1947 ©Familie Bonifas
„Am Spätnachmittag, nachdem wir ununterbrochen etwa 25 Kilometer marschiert sind, kommen wir in dem Dorf Mackenrode an. Mitten auf einer Wiese erwartet uns eine von Stacheldraht vier Wachttürmen umgebene Baracke.“

Aimé Bonifas

Aimé Bonifas kam am 26. Januar 1920 im algerischen Tirman zur Welt. Er studierte Jura in Montpellier, als er sich der Résistance anschloss. Bei dem Versuch, die Grenze nach Spanien zu übertreten, um sich den französischen Truppen in Nordafrika anzuschließen, wurde er verhaftet. Im September 1943 deportierte ihn die Gestapo nach Buchenwald und von dort zunächst in das Außenlager Schmiedebach („Laura“). Im Sommer 1944 kam er in das Außenlager Mackenrode und später nach Osterhagen. Im April 1945 floh er von einem Todesmarsch. Er kehrte nach Frankreich zurück, studierte Theologie, wurde Pfarrer in Nîmes und engagierte sich in Überlebendenverbänden. Aimé Bonifas starb 2013 in Nîmes.



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