Köln-Deutz (SS-Baubrigade III)

18. September 1942 – 10. Mai 1944

Das Lager

Im Spätsommer 1942 wies SS-Chef Heinrich Himmler an, KZ-Häftlinge für Aufräumarbeiten in den von Luftangriffen schwer zerstörten Städten Westdeutschlands einzusetzen. Für den Einsatz in Köln stellte die SS in Buchenwald die sogenannte SS-Baubrigade III auf, die am 18. September 1942 Buchenwald in Richtung Köln verließ. Die Errichtung des Außenlagers erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Kölner Stadtverwaltung. Untergebracht wurden die Häftlinge in der Kongresshalle auf dem Gelände der Kölner Messe im rechtsrheinischen Köln-Deutz. Der Vorplatz der Halle diente als Appellplatz. Den angrenzenden Messeturm nutzten die Lagerleitung und die SS-Wachen als Unterkunft. In unmittelbarer Nachbarschaft des Außenlagers befanden sich Lager für Kriegsgefangene, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus West- und Osteuropa und für Gefangene der Kölner Gestapo. Das Lager der SS-Baubrigade III war das erste von insgesamt vier Außenlagern des KZ Buchenwald in Köln. Zudem wurde es zum Ausgangspunkt für weitere Außenlagergründungen für die SS-Baubrigade III im Rhein- und Ruhrgebiet (u.a. in Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg und Essen).

Die Häftlinge

Am 18. September 1942 verließ ein sogenanntes Vorauskommando mit 300 Häftlingen Buchenwald in Richtung Köln-Deutz. Es waren Männer im Alter zwischen 17 und 53 Jahren: unter ihnen das Funktionspersonal des Lagers – vorwiegend deutsche Häftlinge – und einige Zimmermänner zum Aufbau des Lagers. Nach weiteren Überstellungen aus Buchenwald belief sich die Lagerstärke im November 1942 auf 1.000 Mann. In der Folge schwankte die Belegung stark. Im März 1943 befanden sich 328 und im Sommer 1943 wieder über 1.000 Häftlinge vor Ort. Ab Frühjahr 1943 diente das Lager als Verteilzentrum für die nun entstehenden Nebenlager der SS-Baubrigade III im Rhein- und Ruhrgebiet. Viele Häftlinge blieben oft nur kurz in Köln-Deutz, bevor sie in andere Lager kamen oder zurück nach Buchenwald geschickt wurden. Insgesamt durchliefen bis Mai 1944 deshalb mehrere Tausend Häftlinge das Außenlager auf dem Kölner Messegelände. Die meisten stammten aus der Sowjetunion und Polen, die übrigen aus dem damaligen Deutschen Reich, Frankreich, der Tschechoslowakei, den Niederlanden und vielen anderen Ländern. Die oft unübersichtlichen Verhältnisse bei den Arbeitseinsätzen in der Stadt nutzten viele Häftlinge zur Flucht.

Zwangsarbeit

Der Einsatz der Häftlinge erfolgte im Auftrag des Kölner Bürgermeisters Robert Brandes, der die Aufräumarbeiten nach Luftangriffen befehligte. In kleinen Gruppen mussten die Häftlinge in der Stadt unter anderem Trümmer räumen, Gas- und Wasserleitungen reparieren, Bunker und Notunterkünfte für Ausgebombte bauen oder Leichen bergen und beerdigen – vielfach eine körperliche Schwerstarbeit. Eine lebensgefährliche Arbeit, vor allem für diejenigen, die für die sogenannten Bombensprengkommandos der Luftwaffe nicht explodierte Bomben freilegen mussten. Im Stadtgebiet arbeiteten die Häftlinge inmitten und vor den Augen der städtischen Bevölkerung. Kleinere Gruppen waren zudem auf dem Messegelände beschäftigt: bei der Einrichtung des Lagers, im Lagerbetrieb oder bei der Sortierung von geraubtem (jüdischem) Eigentum. Auch Privatbetriebe setzten Häftlinge für ihre Zwecke ein. Die große Mehrheit der Männer galt als ungelernte Hilfsarbeiter. Für sie zahlte die Stadt Köln pro Häftling und Arbeitstag vier Reichsmark an die SS.

Häftlinge der SS-Baubrigade III bei der Trümmerbeseitigung in der Nähe des Kölner Rathauses, 23. Oktober 1943. Foto: Peter Fischer
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Häftlinge der SS-Baubrigade III bei der Trümmerbeseitigung in der Nähe des Kölner Rathauses, 23. Oktober 1943. Foto: Peter Fischer ©Historisches Archiv Stadt Köln
Häftlinge der SS-Baubrigade III bei der Trümmerbeseitigung in der Nähe des Kölner Rathauses, 23. Oktober 1943. Foto: Peter Fischer
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Häftlinge der SS-Baubrigade III bei der Trümmerbeseitigung in der Nähe des Kölner Rathauses, 23. Oktober 1943. Foto: Peter Fischer ©Historisches Archiv Stadt Köln

Krankheit und Tod

Im Lager gab es eine Krankenstation mit nur zwölf Betten. Unter den ersten Häftlingen befanden sich drei Männer, die sich als Pfleger um die Kranken kümmerten. Die Aufsicht über sie hatte der SS-Sanitäter Gustav Schmidt. Vor Ort wurden nur leichte Erkrankungen behandelt. Schwerkranke schickte die SS zurück nach Buchenwald. Doch selbst für eine Grundversorgung fehlte es an allem. Ein Bericht des Reviers vom November 1942 nennt im Durchschnitt 70 Krankheitsfälle pro Tag: vor allem Schnitt- und Brandwunden, Bindehautentzündungen, Furunkel, Ekzeme und Phlegmone sowie Lungen-, Magen- und Darmerkrankungen. Später stieg die Zahl der Erkrankten. Im April 1943 grassierte eine Grippeepidemie im Lager. Vereinzelt sind Behandlungen von Schwerverletzten im Städtischen Krankenhaus in Lindenthal belegt. Wie viele Häftlinge vor Ort starben, ist nicht eindeutig zu sagen, da die SS-Lagerverwaltung nicht zwischen den verschiedenen Lagern der Baubrigade differenzierte. Für alle Lager der SS-Baubrigade III sind zwischen September 1942 und Mai 1944 insgesamt 171 Tote dokumentiert. Die Leichen wurden im Krematorium auf dem Kölner Westfriedhof eingeäschert und in der Regel dort beigesetzt.

Bewachung

Als Leiter der SS-Baubrigade III fungierte seit ihrer Aufstellung SS-Obersturmführer Karl Völkner (1898-1981). Damit befehligte er gleichzeitig das Lager auf dem Kölner Messegelände. Völkner, ein gelernter Maschinenbauer und Installationsmeister, war seit 1940 Teil der Buchenwalder SS. Im Mai 1944 ging er mit der SS-Baubrigade nach Wieda, wurde aber einen Monat später in das Konzentrationslager Flossenbürg versetzt. Die Wachmannschaft vor Ort, die die Häftlinge auch während der Arbeitseinsätze in der Stadt bewachte, bestand aus rund 40 SS-Männern und bis zu 60 Kölner Polizisten.
Strafrechtliche Ermittlungen zu den Vorgängen im Lager Köln-Deutz führten in den 1970er-Jahren zu keinen Anklagen. Karl Völkner verbrachte als ehemaliges SS-Mitglied lediglich ab 1945 einige Zeit in einem britischen Internierungslager bei Paderborn.

Räumung

Im Frühjahr 1944 wurde ein großer Teil der Häftlinge der SS-Baubrigade III in die neu aufgestellte SS-Baubrigade V übernommen, die Köln kurz darauf in Richtung Frankreich verließ. Am 10. Mai 1944 verlegte die SS-Führung die Baubrigade III mit den noch verbliebenen 235 Häftlingen aus dem Kölner Messelager für die Durchführung von Bauarbeiten nach Wieda in den Harz.

Spuren und Gedenken

Durch Luftangriffe war das Messegelände bei Kriegsende stark zerstört. Nach dem Wiederaufbau fand bereits 1947 die erste Nachkriegsmesse statt. Das Messegelände am Rhein, die sogenannten Rheinhallen, nutzte bis 2005 die Messegesellschaft. Nach einer aufwändigen Sanierung blieben lediglich der alte Messeturm und die denkmalgeschützte Fassade der alten Rheinhallen erhalten. Auf dem Gelände befindet sich heute unter anderem das Sendezentrum der RTL-Mediengruppe. Am alten Messeturm am Kennedy-Ufer informiert seit den 1980er-Jahren eine Gedenktafel über die beiden Buchenwalder Außenlager auf dem Messegelände. 1993 wurde ebenfalls am Kennedy-Ufer ein Mahnmal eingeweiht. Es erinnert an die verschiedenen Lager auf dem Gelände der Kölner Messe sowie die Deportation der Kölner Juden und Sinti und Roma.

Link zum heutigen Standort und zum Standort der Gedenktafel am Messeturm auf GoogleMaps
Link zum Standort des Mahnmals am Kennedy-Ufer auf GoogleMaps

Gedenktafel am alten Messeturm. Sie nimmt Bezug auf den sogenannten Schwur von Buchenwald, 2025. Foto: Sebastian Hammer
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Gedenktafel am alten Messeturm. Sie nimmt Bezug auf den sogenannten Schwur von Buchenwald, 2025. Foto: Sebastian Hammer ©KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora
Gedenktafel am alten Messeturm. Sie nimmt Bezug auf den sogenannten Schwur von Buchenwald, 2025. Foto: Sebastian Hammer, 2025
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Gedenktafel am alten Messeturm. Sie nimmt Bezug auf den sogenannten Schwur von Buchenwald, 2025. Foto: Sebastian Hammer ©KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora
Mahnmal für die Opfer des Messelagers am Kennedy-Ufer, 2025. Foto: Sebastian Hammer
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Mahnmal für die Opfer des Messelagers am Kennedy-Ufer, 2025. Foto: Sebastian Hammer ©KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora

Literatur:

Karola Fings, Messelager Köln. Ein KZ-Außenlager im Zentrum der Stadt, Köln 1996.

Karola Fings, Krieg, Gesellschaft und KZ. Himmlers SS-Baubrigaden, Paderborn 2005.